der geschirrgriff
Trainingsanleitung zum Runterladen
Beim Geschirrgriff mit Dreh nutzt du die Biomechanik zu deinen Gunsten, um deinen Hund leichter in Bewegung zu setzen – und damit aus einer Situation rauszuholen – ohne heftig an ihm rumzerren zu müssen (was oft gar nichts bringt und seine Entschlossenheit, nach vor zu gehen, nur noch größer macht).
Dazu muss man das Prinzip Druck & Gegendruck bzw. Zug und Gegenzug verstehen, das ja simple Physik ist und grob vereinfacht dargestellt besagt: Wenn auf einen Körper eine Kraft ausgeübt wird – also Druck oder Zug – reagiert er mit gleicher Kraft in die Gegenrichtung. Wenn dein Hund sich also nach vorne in die Leine wirft, dann ist dein Reflex, mit gleicher Kraft nach hinten zu zerren – was nur leider deinen Hund wiederum motiviert, sich noch mehr nach vorne zu stemmen.
Der Hund kann aus diesem Kreislauf eher nicht aussteigen, also liegt es am Menschen, das klüger zu lösen. Die Lösung lautet: halten ja, zerren nein!
Das ist nur über einen längeren Zeitraum nicht leicht durchzuhalten, wenn der Hund wirklich heftig zerrt, und vor allem kommt so natürlich nicht von der Stelle. Genau das möchte man aber bei schwierigen Begegnungen meist so rasch wie möglich.
Und genau dazu nehmen wir zum Geschirrgriff einen speziellen „Dreh“ dazu. Durch die Verbindung zwischen euch beiden – nämlich deine Hand am Brustgeschirr – wirkt eine Bewegung deines Körpers automatisch auch auf deinen Hund. Der Trick dabei ist, sich das zunutze zu machen, ohne den Gegendruck-Reflex beim Hund auszulösen.
Das machst du so, dass du am Rückensteg ins Geschirr deines Hundes greifst und dann nur festhältst (also kein dran Ziehen!). Danach drehst du dich im rechten Winkel weg von deinem Hund – was dazu führt, dass durch deine Bewegung das Gleichgewicht des Hundes verlagert wird und er einen kleinen Schritt zur Seite machen muss, um das Gleichgewicht wieder zu erlangen. Dem ersten Schritt folgt ein zweiter, um wieder „normal“ zu stehen und wenn du nun selber weiter zur Seite gehst, folgt dein Hund – mehr oder weniger leicht.
Was die Seitbewegung und der erste kleine Schritt zur Seite auch auslösen: Der Fokus deines Hundes mit 100% nach vorne wird durchbrochen. Er wird buchstäblich von dir nicht nur aus dem Gleichgewicht sondern auch aus dem Konzept gebracht. Diesen kurzen Moment kannst du nutzen, um ihn weiter zur Seite zu nehmen und weg zu kommen – zumindest geht es so leichter als auf jede andere Art, wo gezogen und gezerrt wird.
So geht es ganz genau:
SCHRITT 1: VORBEREITUNG
- Deine Vorbereitung:
- Spiel die Bewegung zuerst mal im Trockentraining für dich alleine durch. Stell dir vor, an deinen Beckenknochen (das sind diese Knochen, die du links und rechts im Becken ertasten kannst, in Verlängerung der Oberschenkel sozusagen) wären Scheinwerfer befestigt und die leuchten immer genau dorthin, wo du hingehen möchtest.
Geh ein bisschen herum und nimm ganz bewusst wahr, wie dein „Hüftscheinwerfer“ jeweils dorthin leuchten, wo du hingehst (oder wie komisch es sich anfühlt, wenn du in eine andere Richtung gehst als deine Hüftscheinwerfer leuchten!)
- Stell dir als nächstes vor, dein Hund steht neben dir und deine Hand ist an seinem Brustgeschirr. Mach nun mehrfach eine Drehung, das heißt deine Hüftscheinwerfer, die anfangs in die selbe Richtung zeigten, wie dein Hund schaut, schwenken jetzt zur Seite und zwar im rechten Winkel. Und dann machst du einen Schritt in genau diese Richtung.
- Ganz wichtig: lass dabei deinen Arm, der am fiktiven Brustgeschirr ist, entspannt! Atme sogar nochmal tief aus, um ja locker zu bleiben. Darauf kommt es nämlich an.
- Mach das ein paar Mal, bis du gar nicht mehr nachdenken musst bei der Bewegung.2. Vorbereitung für deinen Hund
Wie intensiv du die Vorbereitung für deinen Hund machst, kommst darauf an, wie schwierig es für ihn ist, wenn du ihn am Brustgeschirr festhältst. Nimm dir für jeden einzelnen Schritt so viel Zeit, wie dein Hund braucht.
- Gewöhn deinen Hund erst mal daran, dass du nach seinem Brustgeschirr greifst. Einmal kurz in den Rückensteg greifen, ausatmen und gleich wieder loslassen.
(Falls nötig sogar davor nur die Bewegung in Richtung seines Rückens üben, bevor du überhaupt ins Geschirr greifst). - Üb das immer wieder, bis dein Hund dabei ganz entspannt bleibt und sich sogar schon halb zu dir umwendet, weil er den Griff ins Geschirr mit Futtererwartung verbindet. Belohnen nicht vergessen 😊
SCHRITT 2: DER DREH
- Wenn das mal gut aufgebaut ist, gehst du zum nächsten Schritt und nimmst ein wenig Drehbewegung mit dazu, damit sich dein Hund schon mal dran gewöhnen kann, dass du nicht ziehst:Also wieder ins Brustgeschirr greifen, tief ausatmen, deine Hüftscheinwerfer zur Seite drehen und einen kleinen Schritt machen.
Achte ganz genau darauf, nur ja nicht am Brustgeschirr zu ziehen, sondern es einfach nur fest zu halten.
Gib deinem Hund Zeit, der Bewegung zu folgen. Das muss nicht viel sein, nur der eine kleine Schritt zur Seite und dann noch ein kleinerer, um sein Gleichgewicht wieder zu etablieren. Belohnen! Wiederhol das mehrfach, bis dein Hund damit OK ist oder sogar schon von selber mit dir mitgeht.
- Üb genau das selbe auch im Freien und – wenn es mal gut etabliert ist – auch mit einer leichten Ablenkung, auf die dein Hund zu zieht – wie ein Keksi im Gras oder ein spannendes Grasbüschel. Belohn ihn auch jetzt dafür, wenn er mit dir ohne größeren Widerstand mitkommt.
Im Ernstfall wird das natürlich trotz der Übung nicht so flüssig und leicht gehen wie in der Übung. Das ist auch gar nicht notwendig. Die Übung dient vor allem dazu, die Reflexe und Erwartung deines Hundes zu beeinflussen: Er soll sich nicht gegen dich wehren und das alles unangenehm oder gar bedrohlich finden, sondern im Gegenteil „mitspielen“ und es zumindest neutral, wenn nicht sogar positiv erleben.
Außerdem gilt im Ernstfall natürlich auch für den Geschirrgriff: Je früher du dran bist und ihn anwendest, desto leichter kommst du mit deinem Hund von dort weg, wo ihr grade seid.
Nie vergessen: Ausatmen und selber hauptsächlich halten und in Bewegung kommen 😊